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Wie bekommen energieintensive Unternehmen billigen Strom? Bürgerentscheid pro Windkraft in Marklkofen zeigt spannende Wahrheiten auf

Die Forderungen der Wirtschaft nach billigem Strom bestehen seit Jahrzehnten. Obwohl bereits viele ihrer Forderungen erfüllt wurden, wie etwa die Befreiung von der EEG-Umlage oder die Steuerfinanzierung derselben, sind diese Rufe nicht verstummt. Stattdessen wird weiterhin nach einem Industriestrompreis verlangt, was im Klartext Subventionen aus Steuergeldern bedeutet.

Dabei zeigen längst einige Unternehmen, dass die Eigenstromerzeugung mit Erneuerbaren Energien, entweder auf dem eigenen Betriebsgelände oder durch privatrechtliche Direktlieferverträge von Anlagen mit Erneuerbaren Energien (PPAs), tatsächlich zu günstigen Strompreisen führen kann. Ziegeleien gehören zu den Unternehmen mit hohem Energiebedarf. Auch für sie sollte Ökostrom aus eigener Erzeugung besonders lukrativ sein, anstatt ständig nach Steuersubventionen zu rufen.

Ziegeleibetreiber in Niederbayern will Windrad auf seinem Gelände bauen

In Marklkofen, Niederbayern, plant ein Ziegeleibetreiber, ein 250 Meter hohes Windrad auf seinem Betriebsgelände, nur etwa 1000 Meter vom Ortsrand entfernt, zu errichten. Ziel ist es, den eigenen hohen Strombedarf des Betriebs mit 300 Beschäftigten langfristig sicher und kostengünstig zu decken. Eine bereits bestehende Solarstromanlage deckt bereits 20 % des Strombedarfs. Das Windrad soll nun möglichst den Rest liefern. Der Unternehmer möchte niedrigere, selbst kalkulierbare und verlässliche Stromkosten, um langfristig im harten Wettbewerb bestehen zu können. Er handelt pragmatisch und lässt sich nicht von Atomstromfantasien seines bayerischen Ministerpräsidenten irritieren.

Wie so oft formierte sich auch in Marklkofen eine Bürgerinitiative gegen das Windrad. Ihr Hauptargument war die angebliche Verschandelung der Landschaft.

Trotzdem stimmten über zwei Drittel der abgegebenen Stimmen für das Windrad, bei einer hohen Wahlbeteiligung von 60 %.

Für das Windrad engagierten sich mit vielen guten Argumenten neben dem CSU-Bürgermeister auch die Mehrheit des Gemeinderats und natürlich die Ziegelei selbst. Diese plant nicht nur den Bau des Windrads, sondern auch die Versorgung des Nahwärmenetzes der Gemeinde mit Abwärme aus der Produktion sowie den Bau öffentlich zugänglicher Ladestationen.

Das Ergebnis des Bürgerentscheids pro Windkraft ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert:

  1. Die Marklkofener stellen sich nicht hinter die in Bayern zwar inzwischen gelockerte, aber weiterhin grundsätzlich gültige 10H-Regelung. Diese hätte einen Mindestabstand von 2500 Metern zwischen dem Windrad und der Wohnbebauung gefordert. Dank guter Aufklärung durch die Firma und den Bürgermeister erkannten die Marklkofener, dass die von der CSU bei der Verabschiedung der 10H-Regelung angeführten Gründe zum angeblichen Schutz der Bevölkerung nicht stichhaltig sind. Eine große Mehrheit akzeptiert die Windkraftanlage in der Nähe des Ortsrands. Das könnte auch an anderen Standorten gelingen.
  2. Die angeblich „schweigende Mehrheit“ gegen Windkraft, besonders im tiefen Bayern, existiert offensichtlich nicht.
  3. Windkraft und Solarenergie sind kostengünstig und bilden – vor allem im Eigenbetrieb – die Grundlage für wirtschaftliche und konkurrenzfähige energieintensive Unternehmen. Das sollten auch andere Unternehmen in Betracht ziehen, insbesondere im ländlichen Raum, wo ausreichend Flächen für Solar- und Windkraft zur Verfügung stehen.

Claus Girnghuber (Geschäftsführer der Ziegelei Girnghuber) zeigt mit seinem Engagement, wie man in ganz Bayern niedrigere Stromkosten erzielen kann: durch den Ausbau von Wind- und Solarkraft, insbesondere mit direkter örtlicher Nutzung und Vermarktung. Das bedeutet, sich durch Eigenstromerzeugung und -nutzung vom aktuellen Strommarktdesign unabhängig zu machen, das nicht in der Lage ist, die Kostenvorteile von Solar-, Windenergie, Wasserkraft und Bioenergie an die Stromkunden weiterzugeben.

Söder sollte nach Marklkofen schauen, statt nach Tschechien schielen, um von dort „billigen“ Atomstrom zu bekommen

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder setzt nun auf Beteiligungen an ausländischen Atomkraftwerken, anstatt den schnellen Ausbau der Windkraft voranzutreiben. Er sollte lieber nach Marklkofen fahren und sich vom Ziegeleibetreiber und CSU-Bürgermeister beraten lassen, wie man bayerische Mittelständler langfristig wettbewerbsfähig hält und wie man die Akzeptanz für Windkraft in der Bevölkerung auch ohne die 10H-Regelung schafft.

Doch CSU-Chef Söder entfernt sich zunehmend von der Realität. So schlägt er allen Ernstes vor, zur Absenkung der Energiepreise deutsche Beteiligungen an ausländischen Atomkraftwerksprojekten einzugehen, um angeblich billigen Strom zu importieren.

Leider kennt Söder die Realität der heutigen Zeit nicht. Solar- und Windenergie sind wesentlich billiger als Atomenergie aus bestehenden Atomkraftwerken und insbesondere aus neugebauten Atomkraftwerken. Das zeigen seit Jahren alle seriösen Analysen, einschließlich des jüngsten Berichts 2024 der US-Investmentbank Lazard.

Der Vorschlag Söders, deutsche Beteiligungen an ausländischen AKW einzugehen, ist eher ein Harakiriprogramm für die bayerische Wirtschaft, denn Atomstrom aus Tschechien würde die Strompreise in Bayern erheblich erhöhen, wie Lazard zeigt. Da der Volksentscheid in Marklkofen pro Windkraft ausging, können diese absurden Atomgedankenspiele des bayerischen Ministerpräsidenten den Ziegeleiunternehmer jedoch in Zukunft unberührt lassen, egal was Söder noch an Atomphantasien umtreibt.

Habecks Förderprogramm für die energieintensive Wirtschaft geht in die richtige Richtung

Anders als Söders Atomluftschlösser ist das vom grünen Wirtschaftsminister gerade an erste Unternehmen ausgereichte Förderprogramm für energieintensive Unternehmen. Eines der ersten Unternehmen ist eine große Ziegelei in der Nähe von Oldenburg. Die genehmigten öffentlichen Mittel werden die Ziegelei in die Lage versetzen, das Erdgas für die Brennerei durch Ökostrom zu ersetzen.

Die Ziegelei wird vollständig elektrifiziert. Das bedeutet, dass Erdgas abgestellt wird. Es wird ein komplett neuer Ofen aufgebaut, der dann mit Elektroelementen beheizt wird, so die Firma Wienerberger.

Entscheidend wird sein, dass der Strom, so wie in der Ziegelei in Niederbayern, aus billigen Erneuerbaren Energien kommt.

Wenn ein Unternehmen eigene Standorte für Windkraft und Photovoltaik (PV) hat, wie in Marklkofen, ist das ideal. Wenn es genügend Flächen in der Umgebung gibt, können auch Bürgerenergiegemeinschaften mit privatrechtlichen Verträgen (PPA) direkt das Unternehmen mit billigem Ökostrom beliefern. Für alle anderen muss es endlich eine Gesetzesänderung auf Bundesebene geben. Die absurde Situation, dass es trotz eines Anteils von 65 % Ökostrom immer noch keine signifikante Preisreduktion der Strompreise gibt, muss beendet werden. Das Verramschen des billigen, aber wertvollen Ökostroms an der Strombörse – eingeführt 2010 vom damaligen SPD-Minister Gabriel – muss endlich korrigiert werden, damit alle Stromkunden in den Genuss von günstigem Ökostrom kommen, nicht nur die Ziegeleien in Niederbayern und im Oldenburger Land.

Quelle: www.hans-josef-fell.de 

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